Negative Memory
35mm Negative, Faden

Die Negative stammen aus meinem privaten und beruflichen Archiv. Ich stand vor der Frage, was ich mit meinem analogen Fotoarchiv machen sollte. Ich hatte alle Negative gescannt und war kurz davor, sie wegzuwerfen. Ein kurzes Zögern gab mir Anlass, über eine alternative Verwendung nachzudenken. So kam ich auf die Idee, die Negative entlang ihrer Perforation zusammenzunähen.
So hatte ich mehr Zeit, das Material zu betrachten und nicht nur über den Inhalt, sondern auch über das Medium und die Erinnerung selbst nachzudenken.
Ein Negativ ist ein interessantes Moment in der Entwicklung des Bildes - es ist bereits aus dem latenten Bild entstanden, muss aber noch in ein Positiv übersetzt werden, das unserer gewöhnlichen visuellen Wahrnehmung entspricht. Es hat nicht mehr die verborgene Potenz des latenten Bildes, aber auch noch nicht die Eindeutigkeit eines Positivs. So steht es für mich für die unbestimmten Momente des Erinnerns, das ein Ereignis vage vorwegnimmt. Mich faszinieren die Momente des Möglichen und die verschiedenen Übersetzungen, die sich in der analogen Fotografie physisch-chemisch in einen materiellen Träger einschreiben. Der Digitalfotografie mit ihren scheinbar unmittelbaren Ergebnissen fehlt die physikalisch-chemische Mystik, die die Fotografie für mich so interessant gemacht hat. Nostalgie der Dunkelkammer.

Zuerst präsentiert auf der Duoausstellung Jour Fix,
Houloc, Aubervilliers/Paris, September 2019

Brockhaus Conversation 4.0
ars avanti Galerie, Alte Handelsschule Leipzig, 02.-­­17. Juni 2023